Fahrplan Energiewende mit Grünem Gas
Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu sein. Der Umstieg auf Grüne Gase bringt die Energiewende klar voran. Leitungen, Speicher und Endgeräte sind bereit, auch die gesetzlichen Grundlagen nehmen langsam Formen an.
Grünes Gas aus Österreich
Bis 2040 sollen nach den Plänen der Bundesregierung 15 TWh Biomethan aus Österreich ins Gasnetz eingespeist werden. Damit können beispielsweise 1 Mio. Gasheizungen klimaneutral betrieben werden. Das gesamte heimische Potenzial an Grünen Gasen wäre aber noch deutlich höher, nämlich bei etwa 68 TWh Biomethan und etwa 25 TWh Grünem Wasserstoff.
Energiewende gelingt mit Grünem Gas zuverlässig und spart Milliarden
Das Zusammenspiel aller Technologien und Ressourcen sorgt für ein starkes Energiesystem, das gut auf saisonale Schwankungen reagieren kann.
Dank des Einsatzes von Grünen Gasen können Stromüberschüsse im Sommer durch Power-to-Heat und Power-to-Gas Verfahren in Grüne Gase umgewandelt und für den Energiebedarf im Winter gespeichert werden. Auch entlastet dieser Energiemix die Stromnetze. Die Gasinfrastruktur ist bereits jetzt für einen ansteigenden Energiebedarf ausgelegt, die Stromnetze müssen erst mit Investitionen in Milliardenhöhe ausgebaut werden.
Mit Gasinfrastruktur und Grünem Gas zur Wärmewende
Warum Strom für die Energiewende Gas braucht
Selbst wenn die Strom-Infrastruktur bis 2050 stark ausgebaut würde, bleibt bei der Dekarbonisierung der gesamten Energiesysteme eine große Frage offen: Wie kann zusätzlich zur Klimaneutralität die Versorgungssicherheit mit Energie gewährleistet werden? Denn Strom muss sofort verbraucht werden und lässt sich – im Gegensatz zu Gas – nur schwer über einen längeren Zeitraum speichern.
Alle Arten von Grünen Gases können in Österreichs unterirdischen Speichern sehr gut gelagert werden. Sie können jederzeit entnommen und verbraucht oder wieder zur Stromerzeugung genutzt werden, falls nicht ausreichend Ökostrom verfügbar ist.
In der energieintensiven Industrie ist Gas als Brennstoff zudem unverzichtbar. Mit Grünen Gasen, insbesondere Wasserstoff, kann der industrielle Energiebedarf klimaneutral gedeckt werden und so die Abwanderung der Industrie ins Ausland verhindert werden.
Schwankende Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom
Wasser-, Sonnen- und Windkraft speisen nicht gleichmäßig in unsere Stromnetze ein. Je nach Tages- und Jahreszeit sowie Wetterlage schwankt die verfügbare Energiemenge erheblich. Hinzu kommt: Erneuerbare liefern häufig dann im Übermaß Energie, wenn sie kaum benötigt wird, und fallen ausgerechnet dann aus, wenn der Bedarf besonders hoch ist. Überschüsse entstehen vor allem in den Sommermonaten, während die Produktion im Winter deutlich zurückgeht – genau in jener Zeit, in der der Energiebedarf steigt: Heizungen müssen betrieben werden, und die langen Dunkelphasen erfordern deutlich mehr künstliches Licht.
Industrie kontinuierlich versorgen mit CO2-neutralem Substitut
Österreichs Industrie ist von der zuverlässigen Energieversorgung abhängig. Derzeit fließen mehr als 40 % des verbrauchten Gases in den produzierenden Bereich. Dieses Gas kann nicht komplett durch Strom ersetzt werden, auch weil Ökostrom eine hochvolatile Energie ist, die Industrie aber kontinuierlich mit großen Mengen Energie versorgt werden muss.
Vor allem die in Österreich so wichtige Eisen- und Stahlindustrie braucht sehr viel Energie, um in den Hochöfen konstant hohe Temperaturen halten zu können. Bereits jetzt laufen erfolgreiche Forschungsprojekte, die darauf zielen, fossile Energieträger durch Grünen Wasserstoff abzulösen.
Das muss die Politik für die Energiewende leisten
- Rasche Verabschiedung des Erneuerbares-Gas-Gesetz
Die Nutzung heimischer Potenziale für Grünes Gas – insbesondere Biomethan und Wasserstoff – verringert die Importabhängigkeit, stärkt die inländische Wertschöpfung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. - Optimierte Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur
Die vorhandene Gasinfrastruktur soll effizient weitergenutzt und bedarfsgerecht für Grünes Gas und Wasserstoff angepasst werden. Ihre breite Verfügbarkeit spart Kosten und ermöglicht eine rasche Integration ins künftige Energiesystem. - Umstellung der Gasinfrastruktur auf Wasserstoff
Aktuell ist bereits die Einspeisung von bis zu 10 % Wasserstoff problemlos möglich. Die Forschung der ÖVGW zeigt, dass ein Großteil der verbauten Rohrleitungen für den Transport von reinem Wasserstoff geeignet ist. Ebenso werden neue Leitungen schon seit geraumer Zeit für den Transport von 100 % Wasserstoff ausgelegt. - Gleichstellung von Grünen Gasen im Steuerrecht
Aktuell wird Grünes Gas bei der Verteilung über das Gasnetz wie fossiles Erdgas mit der Erdgasabgabe besteuert und zukünftig auch mit der CO2-Abgabe belastet. Grüne Gase sollen analog zu anderen erneuerbaren Energien besteuert werden. - Sektorübergreifende Infrastrukturplanung der Gas-, Wärme- und Stromnetze
Dadurch ist es möglich, die Energiewende unter Nutzung und Ausbau der bestehenden Energieinfrastrukturen volkswirtschaftlich möglichst kosteneffizient zu gestalten. - Ausbau der Speicher- und Umwandlungstechnologien für erneuerbare Energieträger
Um saisonale Versorgungslücken zu schließen, können Stromüberschüsse aus der sommerlichen Überproduktion erneuerbarer Energien mithilfe von Power-to-Gas bzw. Power-to-Hydrogen sowie österreichischen Gasspeichern in den Winter verschoben werden. Gleichzeitig werden Stromspitzen geglättet und das Stromnetz gezielt entlastet. - Klares, technologieoffenes Bekenntnis zum Energieträger Grünes Gas
Um die österreichische Gasversorgung bis 2040 komplett auf Grünes Gas umzustellen, braucht es eine umfassende nationale Strategie. - Vereinfachung der Bewilligungsverfahren für neue Biogasanlagen
Derzeit dauert ein Baubewilligungsverfahren für Biogasanlagen im Schnitt zwei bis drei Jahre. Um bereits im Jahr 2030 7,5 TWh Grüne Gase erzeugen zu können, muss die Verfahrensdauer erheblich verkürzt werden. - Stärkung der österreichischen Energieunabhängigkeit
Je höher die heimische Produktion an CO2-neutralen Grünen Gasen ist, desto unabhängiger wird Österreich bei seiner Energieversorgung. - Forcierung der Importe von Grünem Gas
Um die Klimaneutralität 2040 zu erreichen, sind auch Importe von Grünem Gas notwendig. Nur so kann die zuverlässige Versorgung der heimischen Industrie und der Haushalte mit leistbarem klimaneutralem Gas sichergestellt werden.
Verantwortungsvoll mit Energie umgehen
Für die Energiewende braucht es ausreichend viel klimaneutrale Energie, die dann verfügbar ist, wenn sie benötigt wird. Doch auch in Sachen Energieeffizienz und bewusster Umgang mit Energie muss noch einiges geschehen.
Gebäudesanierung reduziert Emissionen und Energiekosten
Für mehr als 10 % der Treibhausgasemissionen sind derzeit Gebäude verantwortlich, wie das Umweltbundesamt errechnet hat. Durch Gebäudesanierung lassen sich im Schnitt 60 % der Emissionen einsparen, bei manchen Gebäuden sogar bis zu 90 %. Derzeit liegt die Sanierungsquote bei rund 1,4 %. Expertinnen und Experten raten dazu, diese Quote zumindest zu verdoppeln.
Nach Empfehlung der Österreichischen Energieagentur sollten Gebäude zunächst thermisch saniert werden. Dazu gehört die Isolierung der Fassaden, Dächer und Böden sowie der Austausch alter Fenster und Türen durch energieeffiziente Modelle. Erst dann erfolgt eine Sanierung der Heizung. Auch wenn langfristig an Energiekosten gespart wird, ist eine Sanierung kostspielig. Daher muss es Anreize und Förderungen geben. Ge- und Verbote sind in diesem Zusammenhang allerdings abzulehnen, da die Entscheidung über die kosteneffizientesten Maßnahmen den Kundinnen und Kunden selbst überlassen werden soll.
Moderne Brennwertgeräte verbrauchen 30 % weniger Energie
Durch den Umstieg von einem Herzwertgerät auf ein modernes Gas-Brennwertgerät kann der Energieverbrauch um bis zu 30 % reduziert werden. Das spart nicht nur CO2, sondern auch Kosten. Zudem können moderne Brennwertgeräte sowohl mit Erdgas und Biomethan als auch mit Wasserstoff betrieben werden und mit einer Solaranlage kombiniert werden.
Mit der Heizung Strom erzeugen und Versorgung absichern
Stromerzeugende Heizungen nutzen Gas als Energieträger und liefern gleichzeitig Strom sowie Wärme für Heizung und Warmwasser. Das Funktionsprinzip nennt sich Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Dank der hohen Effizienz eignen sie sich ideal für den Einsatz in Einfamilienhäusern oder Gewerbebetrieben. Für den dezentralen Einsatz werden Mikro-KWK-Anlagen benutzt. Diese können zu „virtuellen Kraftwerken“ zusammengeschaltet werden und bei Engpässen Ausgleichsenergie zur Verfügung stellen.
Die Gas-Wärmepumpe macht aus weniger Gas mehr Wärme
Eine Gaswärmepumpe nutzt die Energie des Gases, um Wärme aus dem Boden oder der Luft zu holen. Mit dieser Technologie braucht man für die gleiche Raumtemperatur deutlich weniger Gas als bei der Verbrennung in einer Gasheizung. Gas-Wärmepumpen können mit Erdgas oder Grünen Gasen betrieben werden und belasten im Vergleich zu Strom-Wärmepumpen das Stromnetz im Winter nicht.
Mit Hybridheizungen effizient heizen
Hybridheizungen sind Systeme, mit denen man zwei Energieträger in einem Gerät nutzen kann. Einerseits Gas oder Öl mit einem modernen Brennwertgerät, andererseits Umweltwärme mit einer Wärmepumpe. Manche Systeme ermöglichen sogar eine automatische Auswahl der günstigsten und effizientesten Betriebsweise. Die Wärmepumpe nutzt die Umgebungswärme aus Luft, Boden und Wasser, ohne Emissionen zu verursachen. Durch das moderne Brennwertgerät wird der Energiegehalt des Brennstoffs optimal genutzt, wodurch der Brennstoffverbrauch und somit die CO2-Emissionen reduziert werden. Das schützt das Klima und spart zugleich Kosten.
Grüne Gase als Treibstoff für die Zukunft
Elektromobilität ist ein wichtiger Faktor, um den Verkehrssektor klimaneutral zu gestalten. Doch die Reichweite von Elektrofahrzeugen ist wegen beschränkter Akku-Speicherkapazitäten begrenzt.
Anders sieht es mit Gas als Treibstoff aus. Wasserstoff, CNG und LNG (aus Erdgas oder Grünem Gas) schaffen größere Reichweiten. Im Schwerverkehr, aber auch im Schiffs- und Flugverkehr ist der Gasantrieb ein signifikanter Beitrag zum Klimaschutz. Mit Biomethan und Grünem Wasserstoff funktioniert diese Technologie völlig klimaneutral. Doch auch Erdgas und herkömmlicher Wasserstoff haben gegenüber Benzin und Diesel große Vorteile, weil sie deutlich weniger Treibhausgase emittieren.
Biogasanlagen mit doppeltem Output
Eine Studie der Montanuniversität Leoben zeigt, wie der Output einer Biogasanlage durch neue Technologien nahezu verdoppelt werden kann: Das bei der Biogasproduktion entstehende – derzeit noch ungenutzte – CO2 wird mit Wasserstoff angereichert und so zu wertvollem Biomethan. Durch diesen Prozess der Methanisierung könnte das Biogaspotenzial der heimischen Gaswirtschaft von 4 Mrd. Kubikmetern auf bis zu 8 Mrd. Kubikmeter Grünes Gas pro Jahr erhöht werden. Das entspricht beinahe dem Jahresgasbedarf Österreichs.