31.03.2023

Niederlande: Grüner Wasserstoff in der Raumwärme

Seit einem Jahr können die Bewohner von Stad aan ‚t Haringvliet in Südholland erleben, wie ein Haus mit Wasserstoff beheizt wird. Im Rahmen des Projekts Stad Aardgasvrij arbeitet der niederländische Strom- und Gasnetzbetreiber Stedin mit den Bewohnern zusammen, um die Voraussetzungen zu schaffen, damit man bis zum Jahr 2025 völlig erdgasfrei sein kann. Voraussetzung ist allerdings, dass bei einer Volksabstimmung, die im heurigen Juni stattfindet, mindestens 70 % der Einwohner, Unternehmer und sozialen Organisationen in Stad aan ‚t Haringvliet sich dafür entscheiden, bis 2025 auf Erdgas verzichten zu wollen. Als Alternative zu Erdgas soll nachhaltiger Wasserstoff eingesetzt werden.

Die Niederlande sind aufgrund der großen verfügbaren Gasressourcen ein „Gasland“. Der jährliche Gasverbrauch beträgt ca. 180 PJ (doppelt so viel wie in Österreich). Im niederländischen Klimaabkommen wurde jedoch vereinbart, bis 2050 eine alternative Wärmeversorgung für die 7 Millionen Haushalte und 1 Million Gebäude, die derzeit mit Erdgas versorgt werden, zu schaffen. Wasserstoff ist eine der möglichen Wärmelösungen, vor allem dort, wo Stromheizungen oder Wärmenetze keine gute Option sind. Er soll durch Elektrolyse hergestellt werden. Der dafür benötigte Strom soll aus den zahlreichen Windkraftanlagen kommen, die es in den Niederlanden gibt.

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Wasserstoff für den Heizkessel

Wasserstoff kann in Gebäuden auf verschiedene Weise genutzt werden. Wasserstoff-Zentralheizungskessel können in bestehenden Häusern für Wärme sorgen, auch in Kombination mit einer Wärmepumpe. Für Neubauten eignen sich Brennstoffzellen. Sie können die Energie des Wasserstoffs effizienter nutzen, sind aber derzeit noch sehr teuer. Ein Wasserstoff-Zentralheizungskessel ist dagegen eine vergleichsweise günstige Lösung.

Deshalb will man in den Niederlanden nun durch Pilotprojekte Erfahrungen mit der Beheizung von Häusern und Gebäuden mit Wasserstoff sammeln. Die bestehende Erdgasinfrastruktur spielt dabei eine wichtige Rolle. Nicht nur die Fernleitungen sollen für den Aufbau eines europaweiten Wasserstoffnetzes (European Hydrogen Backbone) genutzt werden, sondern auch die Verteilungsleitungen. Sie sollen den Wasserstoff in die Gebäude bringen.

Für den Umstellungsversuch in Stad aan ‚t Haringvliet wird Wasserstoff verwendet, der in einem Behälter  gespeichert wird. Von dort wird der Wasserstoff über die vorhandene unterirdische Gasleitung zum Inspiration House geleitet.

Im Inspiration House gibt es drei Heizkessel, die mit Wasserstoff betrieben werden. Diese Kessel wurden in einem der Räume im ersten Stock installiert und im vergangenen Jahr ausgiebig getestet: Das Haus wurde zwei Monate lang mit Wasserstoff beheizt.

Ab 2030: Wasserstoff als vollwertige Alternative

Stedin geht davon aus, dass Wasserstoff in der Wärmeversorgung von Gebäuden vor 2030 keine große, aber eine zunehmend wichtige Rolle spielen wird. Damit Wasserstoff nach 2030 als vollwertige Alternative zur Verfügung steht, ist es jetzt wichtig, Wissen und Erfahrungen zu sammeln und herauszufinden, wie Wasserstoff am besten verteilt und genutzt werden kann.

Innovationen und Experimente, wie sie derzeit in Stad aan ‚t Haringvliet durchgeführt werden, sollen dabei helfen, für die Zeit nach 2030 gerüstet zu sein. Das bestehende Erdgasnetz ist hier von großem Wert und kann auch nach dem Aus für fossiles Erdgas einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung liefern. Ob das in Stad aan ‚t Haringvliet bereits 2025 der Fall ist, werden die Einwohnerinnen und Einwohner bei der Volksabstimmung im Juni entscheiden.