29.07.2025

Wasserstoff: Wettlauf um die Gasinfrastruktur

Österreich steht vor einer entscheidenden Transformation: Die bestehende Gasinfrastruktur soll auf die Wasserstoff-Versorgung vorbereitet werden. Nur so kann Österreich seine Funktion als Gasdrehscheibe Europas fortführen und dadurch die industrielle Wettbewerbsfähigkeit des Landes langfristig sicherstellen. Welche Maßnahmen für die Umstellung auf Wasserstoff notwendig sind, erläutern ÖVGW-Präsident Ing. Mag. Stefan Wagenhofer und Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Michael Harasek in einem gemeinsamen Pressegespräch.

Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

Grüner Wasserstoff ist ein essenzieller Kraftstoff für ein nachhaltiges Energiesystem. Hergestellt durch beispielsweise Elektrolyse trägt er zur Dekarbonisierung der Industrie bei. Gerade bei der Herstellung von Stahl oder in der chemischen Industrie werden hohe Temperaturen benötigt – diese sogenannten Hochtemperaturprozesse lassen sich in Zukunft nur mit Grünem Wasserstoff klimaneutral umsetzen.

 

 

"Es ist Eile geboten, um Österreich im Spiel zu halten" - ÖVGW-Präsident Stefan Wagenhofer.
ÖVGW/Bill Lorenz

Infrastruktur: Großteils bereits vorhanden

Österreich verfügt über ein dicht ausgebautes und leistungsfähiges Gasnetz. Über 44.000 km Leitungen versorgen die österreichische Bevölkerung derzeit mit Erdgas und rund 2.000 km Leitungen binden es an das internationale Netz an. Damit übernimmt Österreich schon heute die Rolle einer europäischen Erdgas-Drehscheibe und transportiert Gas über Importkorridore weiter in benachbarte Länder. Diese Position bringt nicht nur eine hohe Versorgungssicherheit für Österreich, sondern auch wirtschaftliche Vorteile durch lokale Wertschöpfung.

Um diese Funktion auch künftig fortführen zu können, ist ein technischer und regulatorischer Umbau des bestehenden Leitungsnetzes erforderlich – zum Beispiel nach dem Vorbild des „SoutH2Corridor“. Über diesen Korridor könnte zukünftig Wasserstoff aus Tunesien und Algerien über Italien nach Österreich und weiter nach Deutschland transportiert werden. Dafür müssen bestehende­ Gasleitungen umgewidmet und teils neu errichtet werden. Zuvor sind jedoch politische Rahmenbedingungen zu schaffen.

 

"Wenn wir die Drehscheibenfunktion erhalten können und Wasserstoff durch Österreich fließt, können Industrie, Haushalte und der gesamte Standort profitieren" - Univ.-Prof. Michael Harasek.
ÖVGW/Bill Lorenz

Politische Rahmenbedingungen als Schlüssel

Unabdingbar ist ein klares politisches Bekenntnis zur raschen Weiterentwicklung der Gas-Infrastruktur: „Wichtig ist, dass wir die Umsetzungskraft der Politik jetzt auch bei Energiegesetzen wie dem Gaswirtschaftsgesetz (GWG) bekommen“, betont ÖVGW-Präsident Ing. Mag. Stefan Wagenhofer. Ebenso zentral ist die schnelle Verabschiedung des Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG), das Grüne Gase unter anderem von der Erdgasabgabe und der CO2-Besteuerung befreien soll. Ebenfalls braucht es geeignete Finanzierungsmodelle, die die zeitliche Verschiebung zwischen dem Netzaufbau und dem Markthochlauf berücksichtigen. Neben gezielten Förderungen sind auch Staatsgarantien notwendig, um den Aufbau eines zukunftsfähigen H2-Startnetzes marktgängig finanzieren zu können.