26.05.2025

Podcast Petajoule - Voraussetzungen für Wasserstoffimporte

Die neue österreichische Bundesregierung plant, die bestehende nationale Wasserstoffstrategie um eine spezifische Importstrategie zu ergänzen. Angesichts eines erwarteten Wasserstoffbedarfs von bis zu 50 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2040 bei einer maximalen inländischen Erzeugung von 11 TWh ist klar: Die Versorgung mit Wasserstoff in Österreich – und auch in Europa – kann ohne Importe nicht sichergestellt werden. In einem Gespräch, das am 17. April im Rahmen der Podcast-Serie „Petajoule” mit Judith Neyer, Leiterin der Abteilung für strategische Energiepolitik im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus (BMWET), und Susanna Zapreva, Vorständin der Verbund AG, stattfand, wurden die dafür notwendigen Voraussetzungen präzise benannt.

Beim Zukunftsforum Grünes Gas, das am 12. Juni in Wien stattfindet, werden ebenfalls die Fragen diskutiert, welche Maßnahmen notwendig sind, um den künftigen Wasserstoffmarkt zu stärken, und welche Rolle die internationale Zusammenarbeit dabei spielen kann.

Infrastruktur und Regulierung als Basis

„Wo keine Pipeline, da kein Wasserstoff“ – Judith Neyer bringt die Ausgangslage auf den Punkt. Der Ausbau eines leistungsfähigen Wasserstoffnetzes ist daher essenziell. Österreich soll über den Southern Hydrogen Corridor an Nordafrika angebunden werden. Die GCA, eine Tochter des Verbunds, arbeitet an der Umrüstung bestehender Gasleitungen wie der WAG und der PENTA West. In Österreich fehlt allerdings noch der regulatorische Rahmen. Erst mit dem neuen Gaswirtschaftsgesetz (GWG neu) kann mit dem Umbau begonnen werden.

Diversifizierung und Kostenfaktoren

Österreich positioniert sich nicht nur als Importeur, sondern auch als Transitknotenpunkt in Zentraleuropa. Deshalb sind neben dem südlichen Korridor auch Alternativrouten über Osteuropa oder die Nordsee von Bedeutung. Der Kostenfaktor ist entscheidend: Grüner Wasserstoff kostet in Zentraleuropa etwa 10 €/kg, in Nordafrika hingegen nur rund 5 €/kg. Dies wirkt sich direkt auf die Produktpreise und die Wettbewerbsfähigkeit aus. Gleichzeitig bleiben die Mehrkosten bei Endprodukten wie Autos vergleichsweise gering.

Politische Stabilität der Herkunftsländer

Ein erheblicher Teil der Produktionskosten in Drittstaaten entfällt auf Finanzierungsrisiken, die durch politische Instabilität verursacht werden. Laut Zapreva können bis zu 60 % der Kosten auf solche Risiken entfallen. Um wettbewerbsfähige Preise zu ermöglichen, sind politische Initiativen zur Stabilisierung dieser Regionen notwendig. Österreich ist in diesem Bereich bereits aktiv, beispielsweise durch Energiepartnerschaften mit Tunesien und Algerien sowie durch multilaterale Plattformen zur Koordination entlang des Südkorridors.

Synchronisation von Angebot und Nachfrage

Das klassische Henne-Ei-Problem bremst den Markthochlauf: Ohne Infrastruktur gibt es keine Nachfrage und ohne Nachfrage werden keine Infrastrukturinvestitionen getätigt. Abhilfe können hier langfristige Abnahmeverträge und vertragliche Absicherungen gegen Preisschwankungen schaffen. Neyer und Zapreva betonen, dass sich die Netzplanung am tatsächlichen Bedarf orientieren muss.

Flexibilität beim Marktdesign

Kritisch sehen die Beteiligten die aktuell sehr enge Definition von grünem Wasserstoff. Ab 2027 dürfen nur noch Elektrolyseure mit neu errichteten Erneuerbaren-Anlagen beliefert werden, um als „grün“ zu gelten. Zapreva fordert eine Verschiebung dieser Regelung auf 2035 und eine Anerkennung von Strom aus bestehenden Ökostromanlagen. Für Länder mit hohem Ökostromanteil wie Österreich könnten Ausnahmen sinnvoll sein – vorausgesetzt, der Ausbau erneuerbarer Energien geht weiter.

Zertifizierung und Industriestrategie

Derzeit fehlen klare Standards für die Zertifizierung von Wasserstoff – ein wesentliches Hemmnis für den internationalen Handel. Darüber hinaus warnt Zapreva davor, dass Erzeugerländer künftig auch weiterverarbeitete Produkte exportieren könnten. Europa müsse deshalb eine aktive Standortpolitik betreiben und die eigenen industriellen Kapazitäten stärken. Neyer betont, dass die Produktionsbedingungen in Nordafrika nicht überall für komplexe industrielle Prozesse geeignet sind und Europa seine eigenen Potenziale daher gezielt entwickeln muss.

Resümee

Die Voraussetzungen für erfolgreiche Wasserstoffimporte nach Österreich sind zwar komplex, aber eindeutig identifizierbar: Es braucht den Aufbau eines leistungsfähigen Netzes, stabile Rahmenbedingungen für die Finanzierung, eine internationale politische Absicherung, klare Marktregeln und vor allem eine abgestimmte Importstrategie, die Angebot und Nachfrage synchronisiert.